Kulturfahrt der Kunst- und Museumsfreunde Wil und Umgebung vom Samstag, 14. Juni 2014 Glarnerland:

Freulerpalast in Näfels und Anna Göldi-Museum in Mollis

Die Kulturfahrt 2014 führte am Samstag, den 14. Juni rund 50 Kunst- und Museumsfreunde aus Wil und Umgebung mit dem Bus von Wick Reisen ins nahe aber doch zu selten besuchte Glarnerland.

Näfels ist mit gut 4000 Einwohnern das grösste der acht Dörfer in der neuen Gemeinde Glarus Nord. Der Freulerpalast mitten im Dorf Näfels gehört zu den prächtigsten Wohnbauten, die im 17. Jahrhundert in der Schweiz errichtet wurden. Der Herrensitz wurde 1642-47 für Kaspar Freuler erbaut, einem geadelten Gardeobersten im Dienste des französischen Königs Louis XIII.

Das Innere des Palastes glänzt mit zahlreichen, prachtvoll ausgestatteten Räumen. So ist die Beletage im ersten Obergeschoss ein Höhepunkt, der, wie der Kunstführer durch die Schweiz berichtet, „in der ganzen Schweiz nicht seinesgleichen findet“. Und schon Hans Conrad Escher, bekannt unter dem Namen Escher von der Linth, schrieb: „in summa, es ist ein Palast, wie er in der ganzen Eidgenossenschaft nicht oder kaum zu finden ist“. Der prächtige Renaissancebau war bis 1837 im Besitz von Oberst Freulers Nachkommen, anschliessend übernahm die Gemeinde Näfels diesen fürstlichen Bau. Im Jahre 1936 ging der Palast an eine glarnerische Stiftung über, die ihn renovierte und als historisches Museum einrichtete. Heute beherbergt der Freulerpalast das Museum des Landes Glarus.

Auf dem geführten Rundgang durch den Freulerpalast in zwei Gruppen erhielten wir auch einen guten Einblick in reichhaltige kultur- und industriegeschichtliche Sammlung des Museums. Prominent vertreten ist auch die Konfessionsgeschichte des Standes Glarus. Die Näfelser blieben in der Reformation katholisch, das Dorf galt darum als politisches Gegengewicht zum reformierten Glarus.

Sennerei

Sennerei im Museum

St. HilariusEin kurzer Abstecher führte in die nahe gelegene Pfarrkirche St. Hilarius. Das spätbarocke Gotteshaus wurde von 1779-1781 gebaut anstelle der ersten Pfarrkirche aus der Zeit der Reformation. Die Leitung der Arbeiten übertrug die Kirchgemeinde Näfels den bestbekannten Baumeistern Johann und Jakob Singer von Luzern. Winfried Assfalg aus Riedlingen an der Donau stellte an der Hauptversammlung 2013 unseres Vereins den in Wil geborenen Scharfrichtersohn Johann Friedrich Vollmar illustrativ vor. In St. Hilarius hat dieser Bildhauer, Stukkateur und Architekt mit Statuen auf dem Haupt- und den Seitenaltären eindrückliche Zeugnisse seines Schaffens als Bildhauer hinterlassen.


Neben dem intellektuellen Vergnügen darf auf unseren Kulturreisen der kulinarische Genuss nicht fehlen. Im nahen Hotel Schwert, dem ersten Haus am Platze, wurden wir durch eine improvisierte Selbstbedienung bei der Getränkeausgabe zuerst geschockt, durch feine Gerichte aber wieder versöhnt.

Am Nachmittag war es ein Katzensprung nach Mollis. Ein Rundgang führte uns durch das Dorf mit sehenswerten Herren- und Bauernhäusern, darunter das stattliche Zwickyhaus, in dem Anna Göldi sechs Jahre lebte und arbeitete und wo sie mit dem Sohn des Hauses ein Liebesverhältnis einging, das zur Geburt eines Kindes führte.

Anna Göldi

Anna Göldi arbeitete später als Magd beim Glarner Arzt, Ratsherrn, Richter und Regierungsrat Johann Jakob Tschudi. Wegen angeblicher Verzauberung der kränklichen Tschudi-Tochter Annemarie wurde Anna Göldi der Hexerei beschuldigt und angeklagt. Die Hintergründe für die Anklage dürften aber eher mit einer Affäre mit ihrem Dienstherrn Tschudi in Zusammenhang stehen.

Im Haus Hof ist das Ortsmuseum untergebracht, dem 2007 das Anna-Göldi-Museum angegliedert wurde. Im interessanten Rundgang schilderte uns Marianne Nef, die Präsidentin des Museums, Anna Göldi als starke, selbstbewusste Frau, welche gar nicht dem damaligen Frauenbild entsprach. Zur Ausstellung gehört auch ein nachgebildeter Kerker mit Foltereinrichtungen, die eine Ahnung vermitteln, wie man damals Anna Göldi das erwünschte Geständnis abgepresst haben könnte. Der evangelische Glarner Rat verurteilte Anna Göldi am 13. Juni 1782 als Giftmörderin zum Tod durch das Schwert. Im Gerichtsurteil wurden die Begriffe Hexe und Hexerei vermieden. Trotz Pressezensur sorgte der als letzter Hexenprozess bekannt gewordene Fall für Aufruhr und wurde als Justizmord bezeichnet. Am Tag vor unserem Besuch wurde in Glarus das Anna-Göldi-Mahnmal feierlich eingeweiht.

Benno Ruckstuhl / Hans Vollmar

Freulerpalast

Freulerpalast

Benno Rückstuhl

Reiseführer Benno Rückstuhl

Freulerpalast

Im Freulerpalast

Turmhofen

Turmhofen Kaspar Freuler

Kaspar Freuler

Kaspar Freuler