Auf den Spuren nobler Herren

Die „Kunst- und Museumsfreunde Wil und Umgebung“ schlossen auf ihrer Herbstfahrt Bekanntschaft mit der Grenzstadt Feldkirch und dem Schloss Werdenberg. Beide waren einst im Besitz der Montforter Grafen.

Freddy Kugler

52 Mitglieder machten sich am astronomischen Herbstanfang per Car auf einen Tagesausflug ins Rheintal. In Feldkirch und Werdenberg wurden unter kundiger Führung Gemeinsamkeiten in der Geschichte der beiden völlig unterschiedlichen Orte aufgezeigt und die Kulturfahrt-Teilnehmenden mit den Grafengeschlechtern von Montfort, Werdenberg und Toggenburg konfrontiert. Auch der gesellschaftliche Teil kam nicht zu kurz.

Von den Montfortern zu den Habsburgern

Erste Station der Kulturfahrt an einem herrlichen Herbsttag war Feldkirch. Die westlichste Stadt Österreichs mit ihren 34‘000 Einwohnern wurde im Jahr 1218 erstmals urkundlich als Stadt genannt. Während rund zweihundert Jahren waren Stadt und Burg Feldkirch im Besitz der Montforter Grafen. 1375 gingen Stadt und Herrschaft Feldkirch an die Habsburger. Abgesehen von einer Zwischenherrschaft durch die Toggenburger Grafen (1416 bis 1436) regierten die Habsburger Vögte bis 1773 aus der über Feldkirch thronenden Schattenburg.

Vergleiche mit der Stadt Wil

Gestartet wurde mit einem geführten Rundgang durch die vollständig unter Denkmalschutz stehende Altstadt. Feldkirch hat eines der am besten erhaltenen mittelalterlichen Stadtbilder von Vorarlberg. Beim Betrachten des architektonisch gelungenen Montforthauses am Rand der Innenstadt, das als Kultur- und Kongresszentrum dient und wo auch das Tourismusbüro untergebracht ist, zog die Reisegruppe Vergleiche mit dem Wiler Stadtsaal. Fazit: Feldkirch hat mit dem Montforthaus einen tollen Wurf gelandet. Wie Wil leidet auch die Vorarlberger Stadt unter bisher ungelösten Verkehrsproblemen. Abhilfe schaffen soll hier als Jahrhundertprojekt ein Tunnel unter der Stadt.

Schattenburg in neuem Glanz

An den Stadtrundgang schloss sich eine Führung durch die mächtige Schattenburg mit ihrem auf drei Geschossen untergebrachten Heimatmuseum an. Die erste Bauphase begann um 1230 unter Hugo I. von Montfort, dem Gründer der Stadt. Um das Jahr 1800 war die Schattenburg nicht mehr weit entfernt von einer Ruine. Seit 1825 ist die sich heute in neuem Glanz präsentierende Burg im Besitz der Stadt Feldkirch, die in früheren Zeiten immer wieder von Überschwemmungen und Bränden heimgesucht wurde. Stadtmauer verbunden. Die hochmittelalterliche Burg ist eine der besterhaltenen Burganlagen Mitteleuropas. Hunger und Durst wurden bei einem gepflegten Mittagessen in der Schlosswirtschaft der Schattenburg im historischen Ambiente gestillt.

Einzigartiges mittelalterliches Flair

Von Feldkirch war es nur ein Katzensprung über den Rhein nach Werdenberg. Hier erlebten die Kunst- und Museumsfreunde 800 Jahre Geschichte in einer einzigartigen Umgebung. Werdenberg ist eine der wenigen noch erhaltenen mittelalterlichen Holzbausiedlungen Europas. Als Burgstädtchen mit dem relativ selten verliehenen Marktrecht wurde Werdenberg erstmals 1289 erwähnt. Die Geschichte dieser kleinsten Stadt der Welt ist eng mit derjenigen des gleichnamigen Schlosses verknüpft. Mit dem Untergang der alten Eidgenossenschaft und der Gründung der Helvetischen Republik im Jahr 1798 kam Werdenberg zum Kanton Linth. Als dieser mit der Mediationsverfassung von 1803 wieder aufgelöst wurde, wurde Werdenberg dem Kanton St. Gallen zugeschlagen.

Städtchen ohne Restaurant

Das Städtchen ohne Gewerbe, Restaurant und Kirche ist ein einzigartiges Kleinod. Zu ihrem grossen Erstaunen erfuhren die Teilnehmenden der Kulturfahrt, dass in Werdenberg bis Mitte des 14. Jahrhunderts Romanisch gesprochen wurde. Im frisch restaurierten Schloss, das sich auf einem Felssporn über dem Städtchen erhebt, erzählt eine neu eingerichtete Ausstellung vom Aufstieg und Fall der noblen Herren der hier herrschenden Grafengeschlechter von Montfort, Werdenberg und Toggenburg sowie ab 1517 der Vögte des Standes Glarus. Ab 1835 residierte hier die Familiendynastie Hilty. Seit 1956 ist das Schloss im Besitz des Kantons St. Gallen, der hier einen kulturellen Leuchtturm realisiert hat.

Älteste Türe der Schweiz

Nach dem Meistern der 135 Stufen unter das Schlossdach und dem Betrachten der Eingangstüre, die älter als die Schweizerische Eidgenossenschaft ist und vermutlich die älteste noch täglich benutzte Türe der Schweiz ist, stand den Teilnehmenden der Kulturfahrt noch etwas Zeit zur Verfügung, um sich vor der Rückfahrt nach Wil in einem der Restaurants am Werdenberger See zu erfrischen.

Die Teilnehmenden der Fahrt stehen staunend vor einer Ritterausrüstung.

Mit der Halsgeige, auch Schandgeige genannt, wurden Gefangene in Europa einst gefesselt.

Die Teilnehmenden der Herbst-Kulturfahrt posieren vor dem Schloss Werdenberg.

Die Eingangstüre zum Schloss Werdenberg soll aus dem Jahr 1230 datieren.

Das Städtchen Werdenberg mit dem Schloss und See zählt im Kanton St. Gallen zu den grossen Sehenswürdigkeiten.